Als Geographielehrerin ist man nicht nur Geographin, sondern auch Lehrerin. Man lebt nicht nur für die Geographie, sondern auf für das Lehren. Wissensvermittlung als Herzensangelegenheit. Andere für das begeistern, das einen selbst begeistert. Helfen, Wissenslücken zu schließen. Zum Nachdenken animieren. Zum Problemlösen auffordern.
Soweit mein
Idealismus.
Die
Realität?
Meistens
sieht sie anders aus. Weniger bunt. Weniger rosa. Weniger ideal. Es geht
weniger um Problemlöser oder Selberdenker oder Begeisterte.
Klassenregeln
stehen auf der Tagesordnung. Die Einhaltung der Klassenregeln. Man wird
konfrontiert mit der Pubertät in all‘ ihren farbenfrohen oder auch
tiefschwarzen Facetten: Respektlosigkeit, Despression, Streit zwischen
Freunden, Streit zwischen Feinden, die erste Liebe, der erste Liebeskummer,
Essstörungen, der bändige Drang, jeden und alles über alles und jeden in
Kenntnis zu setzen (während des Unterrichts, das ist ein unausgesprochener
Schüler-Ehrenkodex), mangelhafte Körperhygiene, intensiv ausgelebter
Körperkult, siebähnliche Gedächtnisse ... Eine schier unendliche Liste.
Mein
Lehrer-Geduldsfaden ist lang. Und strapazierfähig. Doch es gibt Wochen, Tage
oder Stunden, in denen wird er bis zur Hochspannung gedehnt. Die einzelnen
Fasern drohen zu reißen. Hier und da bilden sich die ersten feinen,
mikroskopisch kleinen Haarrisse. Manchmal sind sie auch nur zu erahnen. Es
brodelt. Lächeln und nette Worte nur noch als Maske. Man spielt, Theater um
nicht zu explodieren.
Ein
angespannter, gerade eben angerissener Geduldsfaden beruhigt sich nur schwer
wieder. Er erschwert es, auch nach „Feierabend“ (Lehrerfeierabend, das ist
wieder ein ganz neues Thema) zur Ruhe zu kommen, Abstand zu gewinnen und Kraft
zu tanken. Ich schleppe meinen Geduldsfaden dann zentnerschwer mit mir herum.
Er nagt an mir, belastet mich. Kopf freibekommen? Nahezu unmöglich. Permanentes
Brodeln unter der Oberfläche, jederzeit steht ein Ausbruch kurz bevor.
Im Kopf
fechte ich in diesen Situationen Kämpfe aus. Realität und Idealismus ziehen
dann gegeneinander in den Krieg. Das Lehrerherz kämpft Seite an Seite mit
meinem Idealismus. Und es gewinnt. Immer und immer wieder. Schlägt die Realität
in die Flucht.
Herzensangelegenheit
bleibt eben immer doch Herzensangelegenheit
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